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AZ Aktualisiert am 15.08.12, um 06:13 von Aline Wüst

Einst war der grüne Maler der Chef von Elisabeth Fritz – als er starb, war er längst zum Freund geworden. Die 69-jährige Oberentfelderin hält den Maler lebendig, obwohl er seit mehr als 20 Jahren tot ist. von Aline Wüst

Elisabeth Fritz ist die Hüterin seines gemalten Vermächtnisses. Sie erzählt vom Maler, als ob sie noch gestern mit ihm gesprochen hätte, und sie lacht bei der Erinnerung, wie er im Seidenmalkurs eine Japanerin mit blutroten Lippen malte, die Farbe zu flüssig war, das Rot der Lippen darum verlief und er das Missgeschick schlicht mit «macht nichts, das ist Konfitüre», kommentierte.

In den letzten Jahren hat sie seine Bilder gesammelt. Nun wird Elisabeth Fritz sie dem Alterszentrum Schöftland vermachen. «Ich brauche Luft, bin nicht mehr zwanzig.» Wenn sie die Bilder nicht weggebe, landeten sie irgendwann in einem Container. «Das wäre schlimm für mich.» Bleiben die Werke des grünen Malers aber zusammen und werden aufgehängt, verschenke sie sein Vermächtnis gerne.

 

Der Maler und seine «Haurisan»

1951 eröffnete dieser Maler mit Namen Josef Haefeli in Oberentfelden die Lindenapotheke. Zum Vorstellungsgespräch empfing der Apotheker die damals 20-jährige Elisabeth Fritz mit Blöckeflötenspiel. «Das hat mir imponiert», erinnert sie sich.

Während 15 Jahren arbeitete sie für Josef Haefeli, der im Beruf ein genauer Mensch und als Künstler eine chaotische und fantasievolle Natur war. Einer, der ständig mit blauer Tasche, Velo, Farbe, Stift und Block unterwegs war und an vielen Orten seine Werke ausstellte. Haefeli blieb sein Leben lang ledig, flickte einen offenen Saum mit dem Bostitch und erfand Rezepte, von denen er behauptete, sie seien original mexikanisch. Josef Haefeli war aber auch ein grosser Japan-Fan, sprach japanisch und nannte Elisabeth Fritz «Haurisan».

Ein Porträt, das er von Elisabeth Fritz malte, zeigt sie mit dem kirschroten Herzmund einer Geisha und dem Teint einer Mexikanerin. Das sei sein allerliebstes Gemälde, verriet er ihr damals.

In ihrem Wintergarten betrachtet Elisabeth Fritz ihr gemaltes Bildnis. «Ich erkenne mich überhaupt nicht wieder. Heute nicht und damals nicht.» Kurz vor seinem Tod wollte der Maler ihr das Porträt schenken. Fritz wollte nicht, weil sie wusste, wie sehr er an diesem Bild hing. Als Haefeli starb, fragte sie seine Familie, ob sie es haben dürfte. Es wird das einzige Bild sein, das sie vom grünen Maler behält.

Die Beziehung zwischen Elisabeth Fritz und Josef Haefeli beschränkte sich nicht auf die Apotheke. Nicht nur der Chef, auch seine Angestellte malte gerne. Gemeinsam fuhren sie im Sportwagen in die Hügel des Suhrental. Immer fuhr sie – Haefeli war zeitlebens Velofahrer. Die beiden malten unterschiedlich: Sie malte gelbe und violette Kühe, er nach der Natur. Die Landschaft mit allen Grüntönen war ein grosses Thema in seiner Malerei – daher sein Übername.

Im Dorf erzählte man sich damals, dass Elisabeth Fritz die Geliebte des Malers sei. Es war ihr egal. Der Maler seinerseits scheute sich nicht, seiner Angestellten zu sagen, dass dieser oder jener Mann nicht der richtige für sie sei. Nicht der Richtige war einer schon, wenn er ihr die Tür nicht aufhielt.

1979 heiratete Elisabeth Fritz. Eifersüchtig war ihr Mann Rudolf nie auf den Chef seiner Frau. Er selber war ein Kunde der Apotheke und kunstinteressiert obendrein. Das Ehepaar reiste viel. Einmal sogar mit dem Maler nach Indien.

Der einsame Maler

Als der Apotheker pensioniert wurde, zog er in eine kleine Wohnung. Er war einsam. Fast jeden Tag war er beim Ehepaar Fritz zu Gast. Waren sie nicht zu Hause, sass er in ihrem Garten und malte. Sogar wenn es schneite.

Im Alter von 81 Jahren starb der grüne Maler. In der Todesanzeige stand: «Von seinem Wesen her war er allem Schönen zugetan.» Zum Schönen in seinem Leben gehörte auch Elisabeth Fritz.

 

 

 

© GCA Oberentfelden                                 admin@oberentfeldenmuseum.ch                  18.05.2014